Interviews Über das Einmessen von HD-Cams

Über das Einmessen von HD-Cams

slashCAM im Gespräch mit den Profis der Camelot Broadcast Services GmbH in Sachen Einmessen von HD Cams, die Auswahl von 35mm Adaptern und anderes ...

// 17:41 Mo, 13. Okt 2008von
Einmessen einer CAM in einer der Testboxen von Camelot
Einmessen einer CAM in einer der Testboxen von Camelot


slashCAM im Gespräch mit den Profis der Camelot Broadcast Services GmbH in Sachen Einmessen von HD Cams, die Auswahl von 35mm Adaptern und anderes ...



slashCAM:



Fangen wir ganz von vorne an: Wozu muss man Kamera-Optik-Kombinationen einmessen?



Steffen S. / Camelot:



Die Optik beeinflusst die Bildqualität unmittelbar und grundlegend. Daher ist die sorgfältige Auswahl und optimale Abstimmung von Objektiven und Kamera enorm wichtig. Zum einen unterscheiden sich Objektive hinsichtlich ihrer jeweiligen Abbildungsleistung, Kontrast- und Farbwiedergabe voneinander, zum anderen sind Optiken grundsätzlich mit Problemen wie Aberrationen, Farbverläufen, Streulichteffekten, geometrischen Verzeichnungen und Schärfenabfall behaftet. Der Aufwand eine perfekte Optik zu konstruieren ist sehr hoch – zudem gibt es Fertigungstoleranzen. Hinzu kommt bei HD, dass die Präzision der Optik für kleinere Bildwandler in 2/3“ Chip-Größe sehr viel höher sein muss, als beispielsweise für 35mm Film-Optiken. Der konstruktive Aufwand entsprechender HD-Optiken ist um ein vielfaches größer.




slashCAM:



Das bedeutet, dass größere Chips eigentlich günstigere Optiken zulassen würden ?



Steffen S. / Camelot:



Im Prinzip ja - allerdings fließen in die Kalkulation der Hersteller ja auch Stückzahlen und verwandte Materialien ein. Aber auf den ersten Blick ist es schon paradox: Optiken für 1/3 Zoll (HDV) Kameras müssen eine höhere optische Qualität haben, als 2/3 Zoll HD-Optiken. Eine vernünftige 2/3 Zoll HD Standardoptik kostet ca. 30.000 Euro - ein 1/3 Zoll Camcorder 5.000 Euro inklusive Optik. Nichstdestotrotz sollte die Kombination Optik-Kamera, da wo möglich (nicht bei allen Kameras im Prosumer Bereich ist das möglich), bestmöglich aufeinander abgestimmt werden.



Neben der Kompensation von Abbildungsfehlern gibt es weitere wichtige Gründe für ein sorgfältiges Kamera-Optik-Setup. Einerseits kann man dadurch die Charakteristik der Kamera an besondere Drehsituationen und Drehorte anpassen z.B. Motive mit hohem Dynamikumfang oder Low Light Situationen, anderseits kann man durch Einstellungen im Kameramenü individuelle „Looks“ kreieren. Einen speziellen „Look“ kann man in der Regel auch einfacher erreichen, wenn das Videosignal bereits vor Kompression und Aufzeichnung durch entsprechende Optikauswahl und Menüeinstellungen vorbereitet wurde. Seien es Gamma, Detail, Kontrastumfang, Farbeigenschaften etc. Und wenn mit mehreren Kameras gearbeitet wird, sollte auf jeden Fall ein Abgleich der Kameras und Optiken erfolgen. So kann man von Anfang an sicherstellen, dass sich das Bildmaterial bestmöglich schneiden und mischen lässt. Früher gab es für das Setup Potentiometer auf den Platinen - da musste man die Kamera aufschrauben und der Bildingenieur hat daran gedreht - heute geht das über das Kameramenue.



Christian K. / Camelot:



Gerade in Sachen Filmlook versus Videolook braucht es einiges an Knowhow, um das Optimum herauszuholen - wer aus seiner Kamera das bestmögliche in Sachen Filmlook herausholen möchte, braucht auf jeden Fall ein Mindestmaß an messtechnischer Unterstützung - und sei es nur ein simpler geeichter Monitor, so dass du weisst, Ok, die Farben stimmen. Der Monitor ist ja bereits ein Messinstrument ...



slashCAM:



Was sind denn die Hauptfaktoren beim Einmessen einer Kamera? Kontrast und Farbe sind ja bereits genannt worden - worauf schaut ihr noch ?



Christian K. / Camelot:





Zunächst mal der Dynamikumfang der Kamera - der lässt sich ja bereits extrem beeinflussen. Wenn wir von der Kompensation von Optikfehlern mal weg gehen. Der erste Ansatz ist: Mit was für einer Gamma-Kurve möchtest du drehen. Von da aus überlegst du dir dann: wie gehst du mit deinem Knee um, wie gehst du mit der Slope um, wie flach kriegst du deine Kurve oder auch was machst du mit deinem schwarz. Veränderst du das noch - hebst du das an ?



Wichtig bei der ganzen Geschichte ist, dass wir dem Kameramann genügend Flexibilität lassen, so dass er bei Bedarf auch vor Ort nochmal nachjustieren oder sich komplett anders entscheiden kann. Je mehr Arbeit wir in die Vorbereitung der Kamera hier stecken, desto schneller kann vor Ort auf bestimmte Situationen reagiert werden. Letztlich entscheidet aber immer der Kameramann vor Ort - wir sehen unsere Arbeit hier als ergänzendes, aber individuell abgestimmtes Angebot.



slashCAM:



Spielt das Thema sendefähige Farben auch schon bei der Einmessung einer Kamera eine Rolle oder ist das nur Sache der Postprodktion?



Steffen S. / Camelot:



Da muss man zwischen professionellen von semiprofessionellen Kameras unterscheiden. In den professionellen Kameras kann man Farbräume auszuwählen, die weiter als die „legalen“ Broadcast-Farbräume sind, wenn die Postproduktion sie verarbeiten kann, ergeben sich daraus Reserven und Gestaltungsspielräume für das Grading. Grundsätzlich kann man heute bei allen professionellen und auch bei einigen semiprofessionellen Kameras über die Matrix Farbtöne und Sättigungen manipulieren.


Mit normierten Testcharts und einem Vectorskop kann man dann entweder hohe Farbtreue oder einen speziellen Look erzielen. Allerdings würde ich da nicht ohne Messinstrumente rangehen, weil man sonst einen Wert verändert und dabei einen anderen verstellt und so eventuell in einen Teufelskreis hineingerät. Viele dieser Einstellungen sind auf einem kleinen Monitor nicht erkennbar.



Vielfältige Testboxen bei Camelot
Vielfältige Testboxen bei Camelot


Wenn man beispielsweise mit seinem digitalen Film ins Kino will und einem das Sucherbild zu grün oder zu magentahaltig ist und man das schwarz crisper haben oder mehr Zeichnung haben will, ist man schnell versucht, ein bisschen mehr Sättigung reinzugeben, das Detail, Master- oder Blackgamma zu verändern - das sieht auf einem kleinen Bildschirm eventuell noch ganz toll aus, aber sobald das Material in die Postproduktion kommt, ist das Signal komplett zerstört, verrauscht etc. Deshalb kann man nur davor warnen, solche Parameter ohne Messinstrumente und Testprojektion einzustellen.



Christian K. / Camelot:



Was Farben angeht ... bei den großen Kameras hast du wahnsinnig viele Möglichkeiten um ein Profil zu kreieren, aber bei den kleinen hast du wenig Möglichkeiten. Was du aber machen kannst, ist dir ein Farbtemperatur-Messer ausleihen und bei der Arbeit mit verschiedenen Optiken über den Weissabgleich eigene Presets schaffen ... im Zweifel sollte man jedoch immer eine Farbtafel haben ... wenigstens mal auf eine Farbtafel in einer kontrollierten Lichtsituation vorne weg gedreht haben, dann kann man im nachhinein noch die Farben dahin schieben, wo sie eigentlich sein sollen. Jeder, der mit einem Preset dreht, wird auch einen Fehler haben - du hast ja vor Ort nie die exakten 3200 Kelvin deines Presets für beispielsweise Kunstlicht - diese Fehler kannst du aber auskorrigieren, wenn du eine Referenz hast - die musst du einfach mitliefern.



Steffen S. / Camelot:



Bei den kleineren Kameras wie der Sony EX1 oder der Canon XL H1 hat man ca. 20 Parameter, wo man individuell in das Videosignal eingreifen kannst. Das sind natürlich die Gamma-Kurven, der Schwarzpunkt, Knee, Detail - also die Kantenanhebung - Rauschunterdrückung, Farbmatrixpunkte und weitere. Bei der starken Kompression von HDV oder XDCAM EX mit 25 oder 35 Mbit/s macht es durchaus Sinn, wenn man erkennt, dass man mit der Standard-Einstellung kein optimales Ergebnis erzielt, zumindest den Dynamikumfang der Kamera und das Detail besser einzustellen. Mit einem Waveform-Monitor und einem möglichst nativ auflösendem HD-Monitor kriegt man das gut hin. Aufwendiger wird die Farbeinstellung über die Matrix mit einem Testchart -mit einem Vectorskop kann man aber auch das angehen.



slashCAM:



Würdet ihr zustimmen, dass Farbe leichter in der Post zu korrigieren ist, als Dynamik?





Steffen S. / Camelot:



JEIN - das hängt von der Kompression ab. Je stärker das Signal komprimiert ist, desto weniger kannst du in der Post beeinflussen. Schlechter Dynamikumfang bedeutet, du musst das Signal elektronisch in der Post verstärken und daraus ergibt sich Rauschen. Aber auch geklippte Signale kann man nur sehr aufwendig und begrenzt wiederherstellen. Und in Sachen Farbe hast du bei einem 8 Bit, 4:2:0 Signal, das womöglich auch noch kameraseitig vorgefiltert wurde, nicht mehr viel Spielraum in der Postproduktion um gezielt Farbtöne anzugehen. Sobald du mit einer primären Farbkorrektur nicht mehr auskommst und in eine sekundäre musst, wo mit Masken etc. gearbeitet wird, wird es teuer, weil es zeitaufwendig ist und auf teuren Systemen gearbeitet werden muss, wenn es Echtzeit sein soll. Alternativ bleibt der Weg über After Effects oder Color, was auch zu guten Ergebnissen führen kann, aber sehr viel Zeit beansprucht.



slashCAM:



Wenn ich mich auf dem Set entscheiden muss: Dynamikumfang oder Farbe - eines krieg ich noch korrekt hin, das andere nicht, dann geh ich doch für die Dynamik - oder ?



Steffen S. / Camelot:



Auf jeden Fall. Es ist auch viel einfacher, sich um die Dynamik zu kümmern, indem man korrekt belichtet und ggf. noch das Licht verändert. Korrekt belichtetes Material eröffnet einem viel mehr Gestaltungsspielraum in der Postproduktion. Trotzdem bleibt der Grat bei 8 Bit Material recht schmal - hier sind eine korrekte Belichtung und ein sorgfältiges Setup das A und O.



Es gibt aber auch eine gegenläufige Tendenz, die da heisst: möglichst RAW- oder wenig komprimiert drehen und dann mehr in die Postproduktion verlagern. Hierbei verliert das genaue Beachten des Dynamikumfangs etwas an Brisanz - aber auch nicht generell - hier kommt es wieder auf die einzelne RAW-Daten-Verarbeitung der Kamera an. Es gibt auch Kameras die RAW-Daten aufnehmen, bei denen du die optischen Abbildungsfehler und Probleme nicht kompensieren kannst und die relativ stark komprimieren, das kann problematisch werden. Hingegen kann man mit anderen Kameras, z.B. der Sony F35 die Abbildungsfehler der Optiken über Lensfiles kompensieren und entweder unkomprimiert oder leicht komprimiert aufnehmen. Wenn man dann z.B. mit der S-LOG Gammakurve und Full Range aufnimmt, hat man einen sehr hohen Dynamikumfang und sehr großen Gestaltungsspielraum in der Postproduktion.



slashCAM:



Mit 10Bit Log?



Steffen S. / Camelot:



Die F-35 bietet die Möglichkeit mit einer S-LOG-Gammakurve aufzuzeichnen, deren Charakteristik Negativfilm entspricht und die deutlich mehr Bildinformationen insbesondere auch in den Extrembereichen abbildet. Der Kamerakopf kann mit file- oder bandbasierten Systemen kombiniert werden. Mit einem angedockten HDCAM SR Recorder hat man dann 4:4:4 RGB Aufzeichnung mit 10 Bit Farbtiefe und 880 Mbit Datenrate maximal - kein RAW sondern ein Dual-Link HD-SDI-Videosignal. Dort hast Du einen enormen Dynamikumfang und einen bewährten bandbasierten Workflow ohne Debayering-Prozesse und Datentransfer. Beim Drehen konzentriert man sich dann auf die Bildgestaltung, auf die optimale Belichtung, die Kadrierung. Man wählt das Aufzeichnungsformat, die Framerate, ggf. die Shutter-Geschwindigkeit, Tages- oder Kunstlicht-Preset und das war´s dann. Natürlich kann man im Custom-Mode der F35 auch extrem eingreifen - aber bei dieser Kamera kann man vieles davon getrost in die Postproduktion verlagern.



Christian K. / Camelot:



Bei kleineren Kameras hast du weniger Eingriffsmöglichkeiten. Bei der HVX200 sieht das Bild beispielsweise nach der Lens-Korrektur genauso aus, wie davor. Bei der EX1 kannst du immerhin ein (einziges) Lens-Shading machen - immerhin ein Fortschritt. Eigentlich ist die EX3 die erste Kamera unter den Kleinen, mit der du effektiv Lensfiles erstellen kannst. Du brauchst Lensfiles eigentlich bei jeder Kamera, wo du mit Wechseloptiken arbeitest.



slashCAM:



Wie sieht es bei 35mm Adaptern aus - hier wird ja viel mit Kameras gearbeitet, die gerade von Hause aus keine Wechseloptik mitbringen - mal von ein Paar Ausnahmen abgesehen ...



Christian K. / Camelot:



Da hast du dann teilweise ein Problem. Was mit dem Signal in einem Pro 35 Adapter passiert ist ja gigantisch. Klar werden dabei auch Fehler erzeugt, mehr als ohne Adapter. Und hier musst Du jeden Fehler kaufen. Hier hilft nur eine Auswahl treffen: Wenn du 4 Optiken hast, 3 davon blaustichtig und eine rotstichig, dann musst Du Dich für die Kombination entscheiden, bei der die Farbstiche und Sprünge am geringsten ausfallen. In diesem Fall würde man die rotstichige aussortieren. Hier ist dann ein Waveform -Monitor ganz entscheidend. Trotzdem wirst Du auch Farbverläufe haben ... letztlich muss Du mit dem 35mm Adapter und seinen Vor- und Nachteilen als ästhetisches Mittel arbeiten können.



Steffen S. / Camelot:



Die Optik-Sätze, die wir für unsere 35mm Adapter anbieten, sind auf genau solche Kriterien hin zusammengestellt - d.h. wir stellen Gesamtsysteme zur Verfügung, bei denen wir bereits sichergestellt haben, dass die farblich, von der Abbildungsleistung und vom Gesamtlook her bestens aufeinander abgestimmt sind - das ist Teil unseres Service.



slashCAM:



Wie habe ich mir den Auswahlprozess der richtigen Kamera für mein Projekt bei Euch vorzustellen?



Steffen S. / Camelot:



Zunächst diskutieren wir mit Kameramann/frau und Produktion welche Kamera zu den jeweiligen Drehbedingungen, der geplanten Auswertung und dem beabsichtigtem Look passen und im Budget darstellbar sind. Daraus ergeben sich unterschiedliche Optionen:


Im Independent Bereich ist es häufig der P&S Mini 35 Adapter im Zusammenspiel mit verschiedenen Kameras: Canon XL H1, Sony Z1, Panasonic HVX 200 oder demnächst auch EX3. Bei anderen Produktionen sind es die 2/3“ HD Camcorder oder eine 35mm Chipkamera. Ausschlaggebend sind neben der Bildqualität, Fragen des Handlings, des Aufzeichnungsformats, der Lichtempfindlichkeit und des Workflows. Dann wird ein Test gedreht - oftmals wird dann alles nochmal umgeworfen - die Entscheidung für eine bestimmte Kamera revidiert - und dann nähert man sich dem an ... für ein konkretes Projekt stehen wir hier von Anfang an mit Rat und Tat zur Seite - hierfür können dann sowohl in unseren Testboxen als auch im Außenbereich Testaufnahmen gemacht werden und auf hochwertigen Monitoren oder in der HD-Projektion analysiert werden. Dann werden Optiken ausgesucht, Licht etc. p.p. Zusammen mit den Erfahrungen aus anderen Projekten, die wir ausgestattet haben, können wir so zusammen mit dem Filmteam ein optimales Paket schnüren.





Es ist auch schon vorgekommen, dass ein Projekt, das fest davon überzeugt war, nur mit 35mm Adapter drehen zu wollen, dann auf eine größere HD-Kamera mit 2/3“ Chip und Cinestyle-Zoom umgeschwenkt ist, weil letztlich doch eine höhere Lichtstärke notwendig war, um mit Available Light drehen zu können. Für uns ist wichtig, für jedes Projekt das jeweils optimale Setup zu finden - das versuchen wir hier bei Camelot. In unserem Verleihpark haben wir die gesamte Bandbreite von Prosumer über 2/3“ HD-Camcorder bis hin zur Sony F35 zur Auswahl und ergänzend dazu vielfältige Erfahrungen, die jedem Filmprojekt, egal ob Independent oder Mega-Produktion zu Gute kommen.



slashCAM:



Ein perfektes Schlußwort – vielen Dank für das Gespräch.




Das Interview führten Rudi und Rob von slashCAM mit Steffen Gerald Scheid und Christian Klimke von Camelot.




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